Wer sich umschaut, sieht wieder häufiger Gebäude, die sich am so genannten Bauhausstil orientieren. Charakteristisch für den Bauhausstil ist unter anderem das Flachdach. Dieses erlebte bereits in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts bei vielen sogenannten Bungalows eine Blütezeit. Das Flachdach verlangt vom Bauherrn Antworten auf bestimmte technische und auch ästhetische Anforderungen.
Wann wird ein Dach als Flachdach bezeichnet?
Diese Frage mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, aber die Definition und die daraus resultierenden Konsequenzen machen den Sinn deutlich: Wenn ein Dach einen sehr geringen Neigungswinkel hat (die Angaben reichen von weniger als 22 Grad bis weniger als 9 Grad), handelt es sich per Definition um ein Flachdach. Es kann dann aber noch normal gedeckt sein, z.B. mit Dachpappe, Metall, Biberschwanzziegeln oder auf andere Weise.
Erst bei einer Neigung von weniger als 5 Grad muss es richtig abgedichtet werden, da die Neigung für einen schnellen Wasserabfluss zu gering ist. Mit Bahnen aus absolut wasserundurchlässigen Materialien wie Bitumen, PVZ, EPDM und anderen wird eine feste Oberfläche geschaffen, der auch UV-Strahlung und Temperaturschwankungen nichts anhaben können.
Dennoch muss auch beim Flachdach für den Wasserabfluss gesorgt werden. Dies geschieht durch den Einbau eines leichten Gefälles zum Ablauf hin. Insgesamt ist bei Flachdächern eine absolut fachgerechte Vorgehensweise erforderlich, will man sich ständige teure Nachbesserungen und ärgerliche Reparaturen ersparen.
Geschichte der Flachdächer
Flachdächer gab es schon in der Antike. Herodot berichtet, dass um 3000 v. Chr. Bitumen als Baustoff vor allem in Trockengebieten verwendet wurde. In Babylon wurden im 6. Jahrhundert v. Chr. die Hängenden Gärten der Semiramis, eines der sieben Weltwunder, mit Schichten aus Bitumenplatten, Ziegeln und Mörtel abgedichtet.
Im Mittelalter und in der Renaissance wurde die antike Dachgartenkultur in Florenz, Rom und Venedig wiederbelebt. Im Barock propagierte Jakob Marperger begrünte Dächer. Außerhalb Europas waren Flachdächer in Indien, im arabischen Raum und bei den Pueblos verbreitet, oft als Dachterrassen genutzt.
Bereits im frühen 19. Jahrhundert empfahlen Architekturtheoretiker wie Bernhard Christoph Faust Flachdächer. Sie bestanden aus zwei mit Pech verbundenen Ziegelschichten und boten Vorteile wie Feuersicherheit und zusätzliche Geschosse. Samuel Häusler entwickelte 1839 das Holzzementdach, das sich in den Großstädten verbreitete, und Carl Rabitz propagierte 1867 begrünte Flachdächer.
In der Zwischenkriegszeit war das Flachdach ein Streitpunkt zwischen modernen Architekten und konservativen Traditionalisten. Während Vertreter des Bauhauses wie Le Corbusier das Flachdach propagierten, lehnten es konservative Architekten als „undeutsch“ ab. In den 1950er Jahren setzte sich das Flachdach schließlich durch und wurde für alle Gebäudetypen populär, vom Einfamilienhaus bis hin zu Hochhäusern und Gewerbebauten. Flachdach-Bungalows und Flachdach-Wohnblöcke prägten die Architektur der 1960er und 1970er Jahre in Westdeutschland.
Flachdach – Flexibel und kreativ gestaltbar
Bei Häusern im Bauhausstil sind die Räume direkt unter den Flachdächern manchmal sehr dunkel. Durch den Einbau von speziellen Flachdachfenstern kann hier Abhilfe geschaffen werden. Mehr noch, man erzeugt damit in einem solchen Raum eine sehr hohe direkte Lichteinstrahlung, wie sie z.B. auch in Künstlerateliers gewünscht und im Bauhausstil nachempfunden wird. Wichtig ist, dass solche Fenster mit einem Sonnenschutz ausgestattet sind, da sonst bei direkter Sonneneinstrahlung große Hitze entsteht. Zu bedenken ist auch, dass solche Fenster meist nicht mit der Hand erreicht werden können. Das Öffnen und Schließen erfolgt dann z.B. elektronisch oder durch eine spezielle Mechanik.
Ein Flachdach kann aber auch als Gründach begrünt werden und so zur Wärmedämmung und Klimaverbesserung beitragen. Der durch das Flachdach entgangene Nutzraum kann sozusagen zurückgewonnen werden, wenn das Flachdach unter Berücksichtigung von Statik und Sicherheit zu einer Dachterrasse auf- und umgebaut wird. Auch die nachträgliche Überdachung mit einem Satteldach kann bei veränderten Bedürfnissen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Pro und Contra Flachdach
Für das Flachdach spricht die deutliche Kostenersparnis gegenüber einem Steildach. Bei solider und fachgerechter Ausführung bietet es das, was man letztlich von einem Dach erwartet: sicheren Schutz. Auch ein gewisser architektonischer Reiz ist diesem Bauhausstil nicht abzusprechen. Ein Satteldach bietet mehr nutzbaren überdachten Raum, verursacht aber höhere Baukosten. Eine teilweise Dachbegrünung oder die Anlage einer begehbaren Dachterrasse sind beim Flachdach Versuche, auch diesen Raum zusätzlich nutzbar zu machen, wenn auch unreflektiert.
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